Helena Petrowna Blavatsky – Lebensskizze

Hermann Knoblauch

Helena Petrowna Blavatsky

Helena Petrowna Blavatsky (12.08.1831 – 08.05.1891) war eine der schillerndsten Persönlichkeiten des 19. Jahrhunderts. Ihr außergewöhnliches Auftreten, ihr unerschöpfliches Wissen und ihre bahnbrechenden Ideen versetzten die geistige Welt ihrer Zeit in Erstaunen, fesselten und bereicherten sie und gaben ihr Impulse, die bis in die heutige Zeit unvermindert fortwirken. Sie verfolgte das Ziel, die spirituelle Intuition im Menschen zu wecken und lebendig zu erhalten, und sie trug maßgeblich dazu bei, die nahezu blinde Wissenschaftsgläubigkeit und den überlebten Dogmatismus des 19. Jahrhunderts zu überwinden.

Wer war diese erstaunliche Frau? H. P. Blavatsky wurde am 12. August 1831 im damaligen südrussischen Jekaterinoslaw, dem heutigen ukrainischen Dnipro, geboren. Väterlicherseits stammte sie von der deutschen Adelsfamilie von Hahn ab, mütterlicherseits war sie die Enkelin der russischen Prinzessin Helene Dolgoruki. Bereits in der Kindheit zeigte sie einen ausgeprägten, willensstarken Charakter, der sich vielfach nicht in die begrenzende Etikette der russischen Hocharistokratie zwängen ließ. Im Alter von siebzehn Jahren verließ sie Russland und begab sich auf abenteuerliche und strapaziöse Reisen, die ihr Leben jahrzehntelang bestimmen sollten und sie in fast alle Teile der Welt führten. Sie bereiste wiederholt Afrika, Europa, Amerika und Asien, und sie brachte sogar das Kunststück fertig, über Indien nach Tibet zu gelangen, das zu der damaligen Zeit für Ausländer verschlossen war.

Gründung der Theosophischen Gesellschaft

1873 erwarb H. P. Blavatsky die amerikanische Staatsbürgerschaft und ließ sich in New York nieder. Hier lernte sie ihren wichtigsten Mitarbeiter kennen, den irischen Rechtsanwalt William Q. Judge, mit dem sie eine tiefe Seelenverwandtschaft verband. Gemeinsam mit Judge (1851–1896), Colonel Henry Steel Olcott (1832–1907) u. a. gründete sie am 17. November 1875 in New York die Theosophische Gesellschaft.

Aufgrund ihrer zahlreichen Veröffentlichungen in verschiedenen Zeitschriften wurde H. P. Blavatsky schnell bekannt. Ihre jeweiligen Wohnsitze entwickelten sich bald zu einem Treffpunkt für Wissenschaftler, Dichter, Künstler, Philosophen und Politiker, die oft von weit her anreisten, um mit ihr in einen regen Gedankenaustausch zu treten. 1877 veröffentlichte sie ihr erstes umfangreiches Werk, Isis Entschleiert, das weltweit großes Aufsehen erregte.

In ihren Schriften wies H. P. Blavatsky immer wieder darauf hin, dass nur eine Synthese von Wissenschaft, Religion und Philosophie in unserem Denken die vielfältigen phänomenalen Erscheinungen, die wir um uns herum beobachten können, ursächlich und zufriedenstellend zu erklären vermag. Es war ihr ein dringendes Anliegen, dem vorherrschenden Einfluss des Materialismus mit seinen oft verderblichen Folgen für das Denken und Handeln der Menschen ein um geistige Aspekte erweitertes, lebendiges Weltbild gegenüberzustellen.

Die Natur ist kein zufälliges Zusammentreffen von Atomen

Sie betrachtete es dabei als ihre Aufgabe, „zu zeigen, dass die Natur nicht ,ein zufälliges Zusammentreffen von Atomen‘ ist, [...] dem Menschen seinen richtigen Platz im Weltenplan zuzuweisen, die uralten Wahrheiten, welche die Basis aller großen Religionen sind, aus Erniedrigung zu befreien und [...] die fundamentale Einheit, aus der sie alle entsprungen sind, aufzudecken; schließlich zu zeigen, dass die Wissenschaft moderner Zivilisation niemals der okkulten (noumenalen, ursächlichen) Seite der Natur nahegekommen ist“ (Die Geheimlehre, Hannover, 2012, Band I, S. XXIX).

Wie weitreichend sich die Aussagen H. P. Blavatskys bereits ausgewirkt haben, zeigt die verblüffende Annäherung der Forschungsergebnisse in verschiedenen Zweigen moderner Naturwissenschaften. So werden zunehmend etablierte Lehrmeinungen hinterfragt und philosophisch-geisteswissenschaftliche Aspekte berücksichtigt. Auch die atemberaubenden Einblicke in die Endlosigkeit des Universums lassen Kosmologen immer bescheidener werden und es verwundert nicht, dass die Aussagen H. P. Blavatskys hinsichtlich einer von Geist und Intelligenz durchdrungenen Natur intuitiven Wissenschaftlern zukunftsweisende Impulse geben.

Eine von Geist und Intelligenz geleitete Evolution

Die erneute Herausgabe des zeitlosen Wissens über „Reinkarnation“ und „Karma“ hat neues Licht auf den Werdegang des Menschen geworfen. So ist eine zunehmende Tendenz zu erkennen, die in Bezug auf den Menschen fatalen Irrlehren des Darwinismus zugunsten einer spirituellen, von Geist und Intelligenz geleiteten Evolution zu verwerfen. Außerdem weist Blavatsky darauf hin, dass alles von „Leben“ erfüllt ist, sodass es wahrhaft nichts Totes gibt, da „Leben“ nicht aus etwas Totem entstehen kann. Mit diesen Erkenntnissen werden viele Hypothesen und Theorien hinfällig, die sich zum Teil über Jahrhunderte halten konnten und immer noch hartnäckig verteidigt werden.

1879 reiste H. P. Blavatsky nach Indien. Hier gründete sie 1881 in Bombay den indischen Zweig der Theosophischen Gesellschaft. Sie bereiste ganz Indien und hielt Vorträge, die überall auf begeisterte Zustimmung trafen.

Große Werke bis zum Lebensende

1884 und endgültig 1885 kehrte H. P. Blavatsky nach Europa zurück, um sich in Würzburg, Ostende und schließlich in London mit voller Kraft ihrem zweiten Hauptwerk zu widmen. 1888 veröffentlichte sie Die Geheimlehre, in der sie anhand einer schlicht unübersehbaren Fülle fundamentalen Wissens aus nahezu allen Kulturkreisen ein Licht auf die tieferen Lebenszusammenhänge wirft, um sie in ihrer Kausalität zu veranschaulichen. Bis heute bietet Die Geheimlehre mit ihren vielen Hinweisen und Anregungen ein noch wenig erforschtes Feld, das unzählige Impulse für zukünftige Wissenschaften beinhaltet.

In ihren letzten Lebensjahren sammelte H. P. Blavatsky Beiträge für das Theosophical Glossary, das ihre Hauptwerke weiter erläutern und schwierige Begriffe erklären sollte (deutsche Ausgabe: Lexikon der Geheimlehren). Die Veröffentlichung dieses Werkes erlebte sie nicht mehr.

H. P. Blavatsky hatte in den letzten Lebensjahren immer wieder mit schweren Krankheiten zu ringen, von denen sie oft wie durch ein Wunder geheilt wurde. Als sie am 8. Mai 1891 von dieser Welt ging, wurde rege zwischen zwei Kontinenten telegrafiert. Große Zeitungen widmeten ihr Artikel und würdigten ihr Lebenswerk, das auch heute, mehr als hundert Jahre nach ihrem Tod, noch unvermindert aktuell ist.

In diesem Haus in der Ludwigstraße in Würzburg arbeitete H. P. Blavatsky in den Jahren 1885/86 an der GEHEIMLEHRE. Das Haus existiert leider nicht mehr.

Arbeitsraum

H. P. Blavatskys Arbeitsraum in 17 Lansdowne Road, London, England. Reproduktion einer Federzeichnung von William Q. Judge.

Arbeitsraum

Diese Aufnahme aus dem Jahr 1888 zeigt H. P. Blavatsky an ihrem Schreibtisch in der Lansdowne Road in London. Hier entstanden große Teile der GEHEIMLEHRE. Aufgenommen wurde das Foto von William Q. Judge.

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